Mäh, mäh - Fleischklops-Schmäh

Ein Beitrag zur "Wahrheitsbericherstattung" im Fernsehen

Am Dienstag, dem 25.10.2016, gab es um 20.15 Uhr beim ZDF - der Fernsehanstalt, die nur ein Auge hat - die Sendung „Wer schlägt McDonald?“ Zum „Duell“ traten neben McDonald an: Nordsee, Subway und Burger King. „Die“, so O-Ton ZDF, „ringen um die Vorherrschaft im Land.“ 
Der wortgewandte Fernsehkoch Nelson Müller, der oft Teilnehmer bei der Kochkriegssendung „Küchenschlacht“ ist, führte durch eine Sendung, die Zuseherin und Zuseher unterjubelt, hier würde wirklich ein ernster Vergleich bei vier Fast-Food-Ketten stattfinden. Doch weit gefehlt.

Wir sehen und hören, was unser Zweitaugen-Fernsehen so zu Fastfood zu vermelden hat. Hygieneskandale, billigste Zutaten, Industriekartoffelpommes. Und bei dieser feinen Verpflegung, das darf nie vergessen werden, da dauert es nicht lange, bis aus einem schlanken Leben ein Gewichtszunahme-Leben wird. Vierkampf der Fast-Food-Ketten wird geboten. Eine Stimme verkündet: „Aber nur Einer kann Deutschlands Bester werden!“
Also wird verglichen: Preis, Qualität, Hygiene, Gesundheit und Geschmack. Die Spannung, die da erzeugt wird, ist von der Art, die die Wild-West-Schundhefte boten und noch immer bieten, nicht zu unterscheiden. Der tapfere Nelson Müller offeriert in jenem Fernsehen - das wir zwangsweise bezahlen, ohne auch nur ein Krümelchen Inhalt zu bestimmen - alle inhaltlichen und sprachlichen Gemeinplätze, die zum Fastfood passen - eine substanziell oberflächliche Fernsehsuppe, bei der jene notwendige wirkliche Kritik fehlt, die eigentlich solche „Vierkämpfe“ spannend und aufklärend machen sollte, um zum Endergebnis zu kommen: das Geschäft mit dem Schnellfraß ist weder „fast“ noch „Food“, sondern höchstens ein recht rentables Geschäft, bei dem der Koch nicht Nelson Müller sondern „Mac-Gewinn-Maximierung“ heißt.
Damit gleich klar ist, wie gut er den Fraß findet, serviert Nelson Müller („Ich fühle mich dabei schlecht!“) die Fast-Food-Produkte in seinem eigenen Bistro. Der Koch lockt „Testesser“ unter dem Vorwand in sein Lokal, es gäbe neue Kreationen zu testen. Einer der Testesser will „Nelson auf den Zahn fühlen“ - wahrscheinlich weil es das Drehbuch dieser Verdummungssendung vorschreibt. Motto: Fastfood um Fastfood - Zahn um Zahn! Die Kompetenz der Testesserinnen und Testesser, die einen aufgewärmten und dekorierten Burger serviert bekamen: „Köstlich! Angenehm gewürzt, das Fleisch hat auch einen guten Geschmack. Ich mag sonst keine Burger, aber diesen Burger mag ich!“

Geballte Geschmacksverirrung und -verwirrung! Bei allen vier Fast-Food-Ketten sind die Ergebnisse, nach dem „Umbau“ durch den Koch, hervorragend. Ersparen wir uns nun die weiteren Geschichten, die es zu Preis, Hygiene, Qualität, Gesundheit gibt.

Bei feiner Musik, mehr oder weniger inhaltslosen Kommentaren, nähert sich die etwas mehr als 43 sinnlose Minuten dauernde Sendung der Auszählung, bei der dann  in der „Punktetabelle“ Nordsee mit 13 Punkten gewinnt, gefolgt von Burger King mit 11 Punkten, McDonalds schon abgeschlagen mit 9 Punkten, während Subway mit 8 Punkten das Schlusslicht ist. Sowas nennt sich Dokumentation und wurde mit Nelson Müller auch zu den Themen „Wie gut ist unser Bier?“, „Bratwurst, Aufschnitt & Co“ und „Hühnchen, Nuggets & Co“ den Fernseh-Zuschauerinnen und -Zuschauern untergejubelt. Das Ganze wurde mit viel Personal von der „Story House Productions Gmbh“ geliefert und produziert.  

Das ZDF, ein bedenklicher Bedenkenträger, vernebelt die Informationsoberfläche und verschweigt einiges.

Die Lobbyverbände der Lebensmittelwirtschaft, darunter auch der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), wehren sich seit Jahren gegen mehr Transparenz und verbindliche Regeln - sei es eine bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln oder eine Beschränkung der Kinderwerbung - mit dem Argument, der Staat dürfe die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht bevormunden. „Der Kampfbegriff ‚Bevormundung‘ ist eine reine Erfindung der Lebensmittelindustrie. Da hilft auch keine manipulative Studie mit suggestiven Fragen“, sagte Oliver Huizinga von der Verbraucherorganisation foodwatch.

Die „Bevormundungssendung“ erreicht genau jenes Niveau, das wir als Gebührenzahlerin oder Gebührenzahler auch noch finanzieren, bei der „Ausgewogenheit“ schon lange keine Rolle mehr spielt sondern jener Verpackungsschwindel, mit dem Konsumentin und Konsument nach dem Motto „neue Verpackung - weniger Inhalt“ das Geld aus der Tasche gezogen wird.

Bei diesem „Test“ spielen natürlich Kriterien wie: erstklassige Bezahlung der Belegschaft, Einhaltung der Arbeitszeiten, Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften oder gar die Frage, ob in diesem Betrieb ein Betriebsrat für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen nach dem BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) sorgt und die Interessen der Belegschaft ohne Behinderung durch die Firma vertreten kann, überhaupt keine Rolle.

Dass dem „Olympiatest-Teilnehmer“ Nordsee von der zuständigen Gewerkschaft Nahrung-Gaststätten-Genuss (NGG) vorgeworfen wird, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Teilzeit für geleistete Überstunden die im Tarifvertrag vorgesehenen 33 % Überstundenaufschläge nicht zu bezahlen - was kümmert das einen öffentlich-rechtlichen Sender?

Das ZDF und sein Moderator Nelson Müller haben „Geschmacksempfinden“ samt Urteilskraft abgeschaltet, wenn es um jene Regeln geht, die das Betriebsklima und die Bezahlung der dort Beschäftigten zu beurteilen hätte. Da schweigt das einäugige ZDF samt Moderator. Diese Art von Abendunterhaltungs-Fraß ist unverdaulich!

Dieter Braeg