"Es gibt kein richtiges Leben im falschen." (Theodor W. Adorno, Minima Moralia)
Falsche Maßnahmen werden mit richtigen Argumenten erlassen, richtige Maßnahmen werden von falschen Menschen verantwortet und hinter richtigen und falschen Argumenten stehen gleichermaßen falsche wie richtige Motivationen…
Was tun?
Falsch und richtig verschwimmen unter dem Zwang pragmatischen Handelns im Kampf gegen ein Virus. Deshalb macht die pandemische Krise das Regieren so einfach. Jede Maßnahme ist so richtig wie falsch.

Nur eins ist sicher, die Reichen werden dabei reicher, die Armen werden dabei ärmer, die Stärksten finden einen Weg und die Schwächsten beißen die Hunde, in diesem Fall das Virus, unmittelbar wie mittelbar.
Wenn sich nun die Wissenschaftscommunity und der bildungsbürgerliche Meinungsapparat als Gewerbetreibende in der Aufmerksamkeitsökonomie um die vorderen Plätze balgen, dann kreisen die Fliegen wieder um den Scheißhaufen, der die Grundlagen unserer Seuchenökonomie so wunderbar außen vorlässt.
Jede Seuche hat ihr System. Sie erschafft es nicht, sie bedient es, sie gedeiht auf diesem. Niemand fährt die Wirtschaft so gut an die Wand wie sie es nur selbst vermag. Die kapitalistische Marktbereinigung, das Verschwinden von Unternehmen wie auch Menschenleben, funktioniert nach wie vor bestens, mit und ohne Virus.
So bleibt dem Anti-Hysteriker nur die Beharrlichkeit, sich auf die Grundfesten seiner polit-ökonomischen Einsichten zu besinnen und sich einer kleinkrämerischen Auseinandersetzung um die Frage darüber, wen wir zum jetzigen Zeitpunkt als erstes zu opfern haben, zu enthalten.
Es gilt nach wie vor, einen mentalen und realen Abstand zu den Herrschenden zu halten und sich mit denen zu solidarisieren, die einen Kampf gegen ein politisches und ökonomisches System führen, wo "der Mensch dem Menschen ein Wolf" ist (Bertolt Brecht).
Wenn es realer Zustandsbeschreibungen bedarf, dann können die auch weiterhin auf den Krankenhausfluren in den O-Tönen der dort arbeitenden Kolleg_innen gefunden werden. Alle anderen aus der forschenden und schreibenden Zunft könnten einstweilen in ihrem kuscheligen Home-Office einmal kurz demütig die Luft anhalten, das senkt zudem den C02-Ausstoß.
Anonym 17.10.2020