1Am späten Nachmittag des 25. Dezember und kurz nach Ende der Massendemonstration der russischen Oppositionsbewegung holten Sonderpolizisten Sergej Udalzow, den Sprecher der russischen „Linken Front“, aus dem Krankenhaus ab. Er sollte noch einige Stunden in seiner Zelle sitzen, um die durch den Krankenhausaufenthalt unterbrochene Haftzeit abzusitzen, hieß es zunächst. Eigentlich wäre der 25. Dezember der letzte Hafttag des Aktivisten gewesen, der wegen angeblicher Widerstand gegen die Staatsgewalt zwei Wochen in Arrest saß. Im Krankenhaus wurde Udalzow behandelt, nachdem Ärzte seinen Gesundheitszustand nach mehreren Tagen eines trockenen Hungerstreiks als kritisch einstuften.


Doch Udalzow, der sich in der Vergangenheit einen Namen durch seinen Einsatz für den Wald von Chimki, gegen Zwangsräumungen und gegen den Krieg der NATO in Libyen gemacht hatte, kam nicht frei, sondern erneut vor eine Richterin. Diese warf ihm erneut eine mehrere Wochen zurückliegende Ordnungswidrigkeit vor. Er solle alleine mit einem Plakat vor dem Gebäude der Wahlkommission gegen befürchtete Wahlfälschungen demonstriert haben. Er sei nach dieser Einzelaktion zur Polizei vorgeladen worden, sei dieser Vorladung aber nicht gefolgt. Dies berichtete Anastasija Udalzowa, Pressesprecherin der „Linken Front“, Ehefrau von Sergej Udalzow und eine der Hauptorganisatorinnen der beiden jüngsten Großdemonstrationen, gegenüber russischen Medien. Kurz vor den ersten Aktionen gegen die Wahlfälschungen war Udalzow, so Anastasija Udalzowa, auf der Straße verhaftet worden, als er sich gerade auf den Weg zu einer Demonstration aufmachte.
Sofort nach seiner Verhaftung begann Udalzow einen trockenen Hungerstreik, nahm also weder Nahrung noch Getränke zu sich.
Linke Mitstreiter von Udalzow fürchten, dass er erneut in den Hungerstreik treten könnte. Bei seinem durch den bisherigen Hungerstreik geschwächten Körper könnte dies sehr negative Folgen für den Aktivisten haben.

Offensichtlich soll mit seiner Verhaftung die für den 31. Dezember geplante Demonstration für Meinungsfreiheit geschwächt werden, befürchtet Anastasia Udalzowa. Den Herrschenden gehe es darum, einen der zentralen Aktivisten möglichst lange hinter Schloss und Riegel zu wissen.

In den vergangenen Monaten waren Russlands Sicherheitskräfte immer eine Idee erbarmungsloser mit linken Oppositionellen umgegangen als mit den Aktivisten aus dem liberalen oder nationalistischen Lager. Während sich liberale Oppositionelle der Unterstützung von ausländischen Botschaften und den Oppositionskräften sicher sein durften, schwiegen Medien und ausländische Botschaften zu den Übergriffen gegenüber linken Gruppen.
Mit der neuerlichen Haft von Udalzow dürfte dies jedoch vorbei sein. Sowohl der beim russischen Präsidenten angesiedelte Menschenrechtsrat als auch Russlands oberster Menschenrechtsbeauftragter Lukin erklärten in der Presse, sie würden den Fall Udalzow genau verfolgen. Und Amnesty International erklärte Udalzow zum Gewissensgefangenen.
Und es ist höchste Zeit. Ein neuer trockener Hungerstreik wäre für Udalzow lebensgefährlich.
Bleibt nur zu hoffen, dass sich auch Linke aus Deutschland für Udalzow einsetzen.


Die Homepage der „Linken Front“:
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