Eindrücke
AUSgedrückt von
Dieter Braeg
Ein Gedicht eines mehr oder weniger unbekannten Autors beginnt mit:
„Am ersten Mai, am ersten Mai,
da latsch ich rum mit der Partei.
Mein Weib senkfüßelt neben mir
und wenn ich auch mein Rheuma spür,
ich schleif die Schweißfüß über’s Pflaster
ich sing dazu, der Bourgeois haßt es,
„Brüder zur Sonne zur Freiheit,
Brüder zur Bankrettung empor...“
So war es nicht. Vor dem Salzburger Bahnhof traf sich der Demonstrationszug des linken Bündnisses Salzburg und es war erfreulich dass fast 1000 Menschen in der bürgerlichen Festspielstadt dem 1. Mai einen etwas anderen Stempel aufdrückten. Mehr Menschen demonstrierten, die Lautsprecheranlagen waren erstklassig, die Parolen stark – nur die ewig gleichen Reden, diesmal akustisch hörbarerer, die waren größtenteils verzichtbar. Warum? Ich denke, wir alle kennen den Scheißkapitalismus samt seiner Folgen –warum erzählen wir dann uns dieses Elend selbst? Wäre da nicht ein wenig Kultur, einige Texte von Brecht und Tucholsky nicht besser gewesen, oder vielleicht auch das Gedicht „Der Revoluzzer“ von Erich Mühsam? Positive Bilanz zog auch die in Salzburg sehr aktive SLP (Sozialistische Linkspartei) die über 100 Exemplare Ihrer Monatszeitung „Vorwärts“ verkaufen(!) konnte. Auch das traditionelle Fest nach Demonstrationsende war, wie jedes Jahr, ein freundschaftliches Treffen einer linken Bewegung in Salzburg, die anscheinend, trotz Piraten und anderer bürgerlicher Ablenkungsmanöver, wächst.
Auch die Sozialdemokratie war versammelt, wie immer im Vorhof des Arbeiterkammer/DGB Hauses. Viel rote Farbe sah man, aber kaum so viele Menschen wie bei der Demonstration durch die Salzburger Innenstadt. Im sozialdemokratisch trauten Kreis hielt die Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ihre Ansprache, während das Volk an den Tischen Brathendl vertilgte. Ob gegrillte Antibiotikahühner gegen jene entzündliche Krankheit namens Anbiederung an’s Kapital hilft?
Kaum!
Da passt dann doch eine zweite Strophe des Gedichts:
„Am ersten Mai, am ersten Mai,
da sind wir wieder ne´ Partei,
und auch der höchste Funktionär
nickt voller Huld und Freundschaft her,
wenn ich so aufmarschier mit roter Fahne
und mein Gesang ist erste Sahne:
„Völker hört die Signale,
auf zum letzten Gefecht....“
Im Mirabellgarten bei der Bastion im Zwergerlgarten gab sich ab 13,00 Uhr eine leicht zählbare Gruppe ein Stelldichein. „Besetzt Salzburg!“ war da die Parole und es war weit und breit kein Publikum zu sehen oder zu hören, dass irgend eine Regung gezeigt hätte. So blieb es bei einer Ansprache von Frau Landtagsabgeordneten. Mag. Anja Hagenauer SPÖ. Sie ist Bereichssprecherin für Integration, Asylpolitik, Kultur. Es ist zu hoffen, dass dieses bis zum 6. Mai 2012 dauernde Fest mehr Besucherinnen und Besucher anlockt, als dies am ersten Mai der Fall war. Bei all der unpolitischen „Hochkultur“ die sonst in Salzburg ihr Unwesen treibt, wäre es wichtig, wenn dieses zarte Pflänzchen Kultur mit kritisch politischen Inhalten zu präsentieren, nicht gleich wieder, Mangels Zuspruch, zu Grabe getragen werden muss.